Ein Vorbild war sie für mich, die plötzlich verstorbene ehemalige Bundeskanzlerin Annemarie Huber-Hotz. Als Mensch, als Staatsbürgerin und als Liberale. Entsprechend freute es mich, dass sie spontan bereit war, sich als Erstunterzeichnerin in meinem Wahlkomitee zu engagieren und damit meine Ständeratskandidatur prominent zu unterstützen. Ich fühle mich ihr deshalb besonders verbunden und bin entsprechend betroffen.

In der Kurzversion beschreibt Wikipedia Annemarie Huber-Hotz als „Schweizer Beamtin“ an der „Spitze der Bundeskanzlei“. Ja, Spitze war Annemarie. Ihre sachorientierte Art, ihre klare Führungsarbeit und die von ihr vorangetriebene Professionalisierung der Stabsstelle des Bundesrates sind weitherum anerkannt.

Doch mit „Schweizer Beamtin“ trifft man ihr Wesen eigentlich völlig falsch. Annemarie Huber-Hotz verstand sich nicht als Beamtin im herkömmlichen Sinn, nicht als Verwaltungsvertreterin. Sie war aber auch keine Machtpolitikerin. Sie hatte zwar selber klare politische Ansichten, hielt diese aber im Interesse der Neutralität und Unabhängigkeit des Amtes als Bundeskanzlerin zurück.

Sie begegnete ihrem Umfeld und wirkte als Mensch, als Staatsbürgerin, als Staatsdienerin. Mit diesen Stichworten würdigt Alt-Bundesrat Kaspar Villiger in der NZZ ihr Wesen und ihre Arbeit (NZZ, 4.8.2019).

Unabhängig von Kaspar Villiger komme ich auf ähnliche prägende Wesenszüge von Annemarie. Prägend war, dass sie nicht einfach nur administrierte, sondern sich aktiv mit der Frage auseinandersetzte, wie das politische System zu stärken und zu modernisieren sei.

Motiviert hat sie ihre Überzeugung als Schweizer Staatsbürgerin. In den Worten von Kaspar Villiger: „Sie wusste, dass unsere vielfältige und dadurch verletzliche Nation mit ihren unterschiedlichen Kulturen, Sprachen, Überzeugungen und Konfessionen nur so lange erfolgreich überleben kann, als sich Bürgerinnen und Bürger konstruktiv-kritisch um das direktdemokratische Gemeinwesen kümmern.“

Am Eindrücklichsten für mich ist dabei, dass sich das Engagement der Verstorbenen nicht nur im Staat erschöpfte, sondern dass sie sich auch in der Gesellschaft gemeinnützig engagierte. Echt liberal: So übernahm sie nach ihrer Tätigkeit beim Bund vielseitige Verantwortung in verschiedenen gemeinnützigen Organisationen: Als Präsidentin der Gemeinnützigen Gesellschaft Schweiz, als Mitglied des Schweizer Berghilferates, als Präsidentin der Stiftung Schweizerischer Bankenombudsman und bis vor Kurzem auch als Präsidentin des Schweizerischen Roten Kreuzes. Gemeinnütziges und – sinniges Engagement war für sie nicht nur ein Schlagwort, sondern Verpflichtung.

Und hier hielt sie dann mit ihren persönlichen Überzeugungen auch öffentlich nicht zurück. Das kam eben erst vor wenigen Wochen deutlich zum Ausdruck, als sie als Präsidentin des SRK in einem Gastkommentar in der NZZ am 8. Mai 2019, dem Welt-Rotkreuz-Tag, festhielt: „Wir dürfen deshalb in unseren Bestrebungen nicht nachlassen, uns in unserem Alltag, in der Schweiz und in der Welt für Menschlichkeit und menschenwürdige Verhältnisse für alle einzusetzen – auch wenn wir wissen, dass wir den Kampf gegen Not und Elend nie gewinnen können.“

Für dieses engagierte Wirken in Staat und Gesellschaft gebührt Annemarie Huber-Hotz höchste Anerkennung von uns Allen.

 

(Würdigung von Matthias Michel anlässlich der Versammlung der FDP. Die Liberalen des Kantons Zug, 5. August 2019)