#StänderatMichel – Politik und Anekdoten

Kaum je erlebt man als Politiker das Nebeneinander von Feiern und Fighten so stark wie in einer Wintersession: Da werden die Präsidien von National- und Ständerat sowie des Bundesrates gewählt und gefeiert. Und an den Tagen vor und nachher ringt man hart um ein Budget und um anderes. Beides verbindet.

Samstagsgespräch

Am kommenden Samstag, 21. Dezember, von 11–12h, lade ich zum Samstagsgespräch zu Themen aus der letzten Session (und darüber hinaus) ins Restaurant Fischerstube in der Zuger Altstadt ein. Das Gespräch ist offen für Fragen und Diskussionen für alle Interessierten – laden Sie auch Ihre Bekannten dazu ein! Angesichts der Medialisierung sind direkte Kontakte und das persönliche Gespräch wichtig.

Präsidiale Feierlichkeiten

Die Session beginnt klangvoll: Nach der Wahl des neuen Ständeratspräsidenten, Andrea Caroni, macht sich sein Heimatkanton Appenzell Ausserrhoden lautstark bemerkbar: Die Streichmusik Alder und Rapper Bligg versetzen den Saal in Stimmung. Zum Abschluss des Wahlmorgens klingt dann mit den traditionellen Sylvester-Chläusen der alte und neue Sylvester an. Am Nachmittag reist Bundesbern zur Feier der neugewählten Nationalratspräsidentin Maya Riniker in den Aargau und des Ständeratspräsidenten nach Herisau. Da wir in der Schweiz keinen Personenkult pflegen, werden gleichzeitig unsere demokratischen und rechtsstaatlichen Institutionen gefeiert. Dies geschieht mit viel Kultur und Klang, der bei der Rückfahrt der Parlamentsmitglieder nach Bern nachklingt: Wir singen aus voller Brust. Und zwei Wochen später wird eine dritte FDP-Magistratin beklatscht und besungen: Die neu gewählte Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter.

Kitas: Wichtig für Eltern, Gesellschaft und Wirtschaft

Es ist heute weitgehend anerkannt, dass gut ausbildete Frauen und Männer auch mit Kindern erwerbstätig sind. Neben der familieninternen Betreuung braucht es zahlbare Kinderbetreuungsstätten. Wer aber diese «Zahlbarkeit» sicherstellen soll, darüber gehen die Meinungen auseinander. Nach einer mehrfach verlängerten Anstossfinanzierung für Krippenplätze debattiert das Parlament nun über eine definitive Lösung. Neben der primären privaten Verantwortung sind meiner Meinung nach Gemeinden und Kantone gefragt. Der Bund sollte sich hier nicht mit Steuergeldern auch noch beteiligen. Ich befürworte in meinem Votum aber eine Mitfinanzierung der Wirtschaft über das System der Familienzulagen und betone: «Es ist nicht ein linkes Anliegen, es ist nicht ein rechtes Anliegen, es ist ein Anliegen verschiedener Kreise und der Volkswirtschaft. Deshalb ist auch die Finanzierung gemeinsam zu tragen.» Im Interesse der Vereinbarkeit von Familie und Beruf wird dieses Modell vom Ständerat gutgeheissen.

Son et lumière

Von Frankreich kennen wir unter dem Titel «son et lumière» die abendlichen Lichtspektakel, die königliche Schlösser oder fürstliche Brunnen mit Licht und Klang bewerfen. In ebenso königliches Licht wird jeweils im Spätherbst das Bundeshaus getaucht, wenn auch unter dem sehr volksnah-demokratischen Titel «Rendez-vous Bundesplatz». In diesem Jahr begeisterten farbenprächtige Szenen aus der einheimischen Vogelwelt die insgesamt mehr als 600 Tausend Zuschauerinnen und Zuschauer. Ich gehe einmal davon aus, dass das Motiv der Vögel nichts mit den Ratsmitgliedern im Innern des Bundeshauses zu tun hat.

Freier Handel zwischen Gross und Klein

Der Grössenunterschied ist beeindruckend: Indien ist mit 1.5 Milliarden Einwohnern 170 mal bevölkerungsreicher und flächenmässig fast 80 mal grösser als die Schweiz. Dieser Unterschied hinderte nicht daran, dass beide Länder Interesse an einem Freihandelsabkommen hatten. Doch es brauchte Geduld: Während sechzehn Jahren handelten die Schweiz und andere EFTA-Staaten mit Indien ein Abkommen aus. Dieser Vertrag wird als innovative Leistung gefeiert. Am Abend vor der Beratung zur Genehmigung dieses Vertrages im Ständerat vernehme ich direkt von der zuständigen Staatssekretärin von den Herausforderungen in den langwierigen Verhandlungen. Die Hartnäckigkeit und Ambition unserer Schweizer Diplomatinnen und Diplomaten haben sich ausbezahlt. Ich traue ihnen auch zu, mit der EU ein gutes neues Vertragswerk zur Weiterentwicklung der bilateralen Verträge auszuhandeln.

Stabilitätspakt Schweiz – EU

Zum Zeitpunkt des Versands dieses Newsletters munkelt man noch: Wann sind die Verhandlungen zwischen der Schweiz und der EU für ein Vertragspaket zur Weiterentwicklung der Beziehungen beendet? Und mit welchem Ergebnis? Die grossen Linien sind bekannt, da der Bundesrat das Verhandlungsmandat offengelegt hat. Die Aussenpolitischen Kommissionen, die Konferenz der Kantonsregierungen und weitere Gremien haben darauf grundsätzlich positiv reagiert. Gleichwohl hat die Schweiz viele Interessen zu verteidigen, um ein Gleichgewicht zu finden zwischen demokratischer Selbstbestimmung und Teilnahme an den Regeln des gemeinsamen Marktes. In den letzten Monaten wurden vor allem die kritischen Stimmen laut. Meine Erfahrung ist: Je tiefer sich Interessierte mit den Inhalten und Mechanismen dieses Vertragswerks befassen, desto eher verstehen sie es und sehen die positiven Seiten. Ich finde das wichtig, ist es doch im Interesse der Schweiz in einer spannungsgeladenen Welt, sich mit und Europa und für dessen gedeihliche und stabile Entwicklung einzusetzen. Ich nenne das neue Vertragspaket deshalb «Stabilitätspaket».

«Lueged nid ume, de Wolf goht ume»

Die Frage des richtigen Umgangs mit dem Wolf beschäftigt die Gesellschaft und Politik seit Jahren. Auch in dieser Session behandeln wir drei Vorstösse. Das Besondere ist, dass die Wölfe in der Schweiz in den letzten Jahren auf 35 Rudel angewachsen sind. Damit ist der Wolfsbestand nicht mehr gefährdet. Und zum Schutz von Herdentieren befürworte ich eine verhältnismässige Regulierung. Auch hat der Europarat kürzlich den Schutzstatus des Wolfes gemäss der Berner Konvention zur Erhaltung der europäischen wildlebenden Pflanzen und Tiere und ihrer natürlichen Lebensräume «streng geschützt» auf «geschützt» abgeschwächt. Sodann sind dank Schutzmassnahmen die Wolfschäden in den letzten zwei bis drei Jahren zurückgegangen. So gehe ich davon aus, dass mit einer begrenzten Zahl Rudel ein Nebeneinander von Wolf und Mensch sowie seinen Nutztieren möglich ist. Hingegen lehnt der Rat zu Recht den Vorschlag von «wolfsfreien Zonen» ab. Dies in der weisen Erkenntnis, dass sich der Wolf wohl kaum an diese Zonen halten würde.

Shutdown nein, Schuldenbremse ja

Vor der diesjährigen Beratung des Budgets 2025 haben gewisse Medien vor dem «Shutdown» gewarnt: Das wäre ein budgetloser Zustand, den die Schweiz in ihrer Geschichte bisher sieben Mal kannte; dann hat man sich jeweils mit Notbeschlüssen durchgewurstelt. Das ist in diesem Jahr nicht nötig: Die Räte haben ein Budget beraten, das die auch für mich wichtige Schuldenbremse einhält. Doch die Frage, wie das gerechtfertigte Wachstum unserer Verteidigungsaufgaben finanziert werden soll, war umstritten: Auch wenn die Schweizer Unterstützung der internationalen Zusammenarbeit in den vergangenen Jahren stark anstieg, kann es nicht sein, dass diese internationale Hilfe ohne Prüfung der entsprechenden Auswirkungen stark zusammengespart wird – denn das ist auch eine Hilfe zu Stabilität und Sicherheit auf dieser Welt.

Mit E-Collecting gegen den Unterschriften-Bschiss

Das Parlament hat mit dem E-ID-Gesetz die rechtliche Grundlage für eine vertrauenswürdige Infrastruktur für die elektronische Identität bzw. einen digitalen Identitätsausweis bereitgestellt. Nun soll diese Basis auch genutzt werden: Meiner Ansicht nach auch für das digitale Sammeln von Unterschriften: sicherer und vertrauenswürdiger. Dies auch als ein Mittel gegen das missbräuchliche Sammeln von Unterschriften, den «Unterschriften-Bschiss», das Wort des Jahres. Der Ständerat hat meine Motion für einen Pilot E-Collecting gutgeheissen. Mich freut, dass somit unsere digitalen Errungenschaften für unsere demokratischen Verfahren eingesetzt werden können, mindestens einmal als Pilotprojekt. In meinem Votum plädierte ich dafür, dass wir in der Schweiz prädestiniert seien für ein solches Projekt: «Wir haben Know-how in demokratischen Prozessen, ein Verständnis für hohe Sicherheitsstandards und den Anspruch, Innovationsweltmeister zu bleiben.»

Stiftungen und Vereine nicht überregulieren

Im weltweiten Kampf gegen die Geldwäscherei ist in der Schweiz die Einführung eines Transparenzregisters geplant. Die wirtschaftlich Berechtigten von Unternehmen sollen für einen einschränkten Kreis von Behörden erkennbar sein. Es ist nachvollziehbar, dass die Schweiz hier den internationalen Standard erfüllen will. Aber nicht, dass rund 14’000 Stiftungen und noch mehr Vereine von diesem Gesetz erfasst werden; soweit vom geplanten Gesetz adressiert, sind diese schon heute im Handelsregister mit ihren Organen verzeichnet. Sodann bestehen in diesem Bereich gemäss offiziellen Bestätigungen kaum Missbrauchsrisiken. Meine Bestrebung in der Kommission und im Rat, unsere Schweizer Stiftungen und Vereine vor unnötigen Regulierungen und doppeltem Administrativaufwand zu bewahren, hatten erfreulicherweise Erfolg

Zuger Feierlichkeiten

Die Session begann mit den Feiern für die Ratspräsidien im Bundesparlament. Sie endet mit den Feierlichkeiten in Zug: Am Donnerstagabend feiern wir den neuen Kantonsratspräsidenten Stefan Moos, mit dem ich aus jungliberalen Zeiten verbunden bin. Und einen Abend später steigt die Feier in Baar für den neugewählten Landammann, Andreas Hostettler. Meine Gratulation werde ich in meine Festrede für ihn eingebetten. Ich freue mich darauf zu erklären, weshalb er zu seinem Übernamen «Hoppi» kam und weshalb er als zündender Landammann in die Geschichte eingehen wird.

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