Tops und Flops in Bundesbern: Diese Zentralschweizer Politiker bringen am meisten Vorstösse durch

Der Urner Ständerat Josef Dittli bringt fast jedes Anliegen durch. Das zeigt eine Datenanalyse dieser Zeitung. Den zweiten Rang belegt sein Parteikollege aus Zug, Matthias Michel, und den dritten Rang Damian Müller, der Luzerner FDP-Ständerat. Die Erfolgsquote der FDP-Politiker ist insgesamt hoch im Vergleich mit anderen Parteien – vier von zehn Vorstössen wurden angenommen.

Das Wahljahr 2023 ist in vollem Gang. Aber: Wie nimmt man als Parlamentarierin oder Parlamentarier im Bundeshaus eigentlich Einfluss, wenn man die Wahl geschafft hat?

Eine Auswertung unserer Zeitung zeigt, wie erfolgreich die Zentralschweizer Politikerinnen und Politiker mit ihren eigenen Vorstössen sind. Berücksichtigt sind Motionen und parlamentarische Initiativen – mit ihnen wird direkt eine Gesetzesänderung verlangt – sowie Postulate. Ein angenommenes Postulat hat einen Bericht des Bundesrats zur Folge, aber noch keinen Gesetzesentwurf.

 

Weit vorn: Dittli, Michel, Müller und Z’graggen

Schaut man einzig auf die Zahl der angenommenen Vorstösse, so sind die langjährigen Ratsmitglieder selbstredend im Vorteil: Sie hatten länger Zeit, Vorstösse durchzubringen, als Neugewählte. Die Zentralschweizer mit den meisten Vorstössen sind dementsprechend alle seit mindestens 2015 im Amt. Allerdings: Sie haben auch zahlreiche Vorstösse eingereicht, die im Parlament gescheitert sind. Mit einer Ausnahme: Josef Dittli. Von 17 Vorstössen des Urner Ständerats wurden 14 angenommen.

Damit unterschiedlich erfahrene Politiker und Politikerinnen verglichen werden können, basiert unsere Liste auf dem Verhältnis von abgeschlossenen zu angenommenen Vorstössen.

Einzig Josef Dittli belegt in beiden Auswertungen einen Toprang. Wie kommt es dazu? «Ein Teil ist sicher Glück. Und dann kommt es auf ein gutes Networking an», erklärt Dittli. Er kläre immer ab, ob das Anliegen klar erkennbar ist, breitere Kreise betrifft, und ob er über die Partei- und Ratsgrenzen hinweg Unterstützer für den Vorstoss findet. «Wenn man das nicht macht, ist es wie Roulette spielen.»

Ausserdem ist für ihn wichtig: «Ich mache Vorstösse, um etwas zu verändern, nicht um in die Medien zu kommen.» Vorstösse, die nur zum Ziel haben, Medienberichterstattung auszulösen, mache er nicht. Durchgebracht hat er etwa eine Vereinfachung der Abrechnung von Sozialdienstleistungen für Hausangestellte oder die Forderung nach einem Bericht zu den Lektionen für die Wirtschaft aus der Pandemie.

FDP-Politiker sind am erfolgreichsten

Dittli ist nicht der einzige Politiker seiner Partei, der eine hohe Erfolgsquote hat. Den zweiten Rang belegt sein Parteikollege aus Zug, Matthias Michel, und den dritten Rang Damian Müller, der Luzerner FDP-Ständerat. Die Erfolgsquote der FDP-Politiker ist insgesamt hoch im Vergleich mit anderen Parteien – vier von zehn Vorstössen wurden angenommen.

Diese Politiker haben (noch) nicht viel erreicht

Am unteren Ende der Tabelle sind zwei Nationalrätinnen zu finden, die noch neu sind im Bundeshaus: Manuela Weichelt (ALG/ZG) und Monika Rüegger (SVP/OW). Beide wurden 2019 gewählt und haben von je vier beratenen Vorstössen keinen durchgebracht. Damit sind sie aber nicht alleine. Insgesamt haben sechs Zentralschweizer Politiker diese Legislatur noch nichts durchgebracht.

Nicht mit ihrer kurzer Tätigkeit zu erklären ist hingegen die tiefe Erfolgsquote von Yvette Estermann. Die Luzerner SVP-Nationalrätin sitzt seit 2007 in der grossen Kammer und hat fleissig Vorstösse eingereicht – 39 wurden bereits behandelt. Durchgekommen ist aber nur ein einziger. Mit einer Motion hat sie erwirkt, dass auf dem Bundeshaus permanent eine Schweizer Flagge weht.

«Es tut mir leid wegen den Menschen, welchen diese Anliegen wichtig sind, dass die anderen Vorstösse nicht durchgekommen sind», sagt die SVP-Politikern, die im Herbst nicht mehr zur Wahl antreten wird.

Mehr Vorstösse in Wahljahren

Wie wichtig ist den National- und Ständerätinnen eine hohe Erfolgsquote bei den Vorstössen überhaupt? Laut Politanalyst Mark Balsiger ist sie von untergeordneter Bedeutung: «Die wichtigste Währung ist für die meisten, wenn ein Vorstoss von den Medien aufgegriffen wird.» In Wahljahren würden deshalb bedeutend mehr Vorstösse eingereicht.

Im Umgang mit Vorstössen ortet Balsiger unterschiedliche Strategien. Manche Parlamentarier sondierten zuerst gründlich in Fraktion, Parlament oder Verwaltung, bevor sie einen Vorstoss einreichten. Andere ersparten sich diese Vorarbeit.

Und dann gibt es Fälle, in denen die treibende Kraft nicht im Vordergrund steht. Parlamentsmitglieder lassen ihre Anträge von jemandem aus einer anderen Fraktion einreichen, weil sie sich so grössere Chancen ausrechnen. Balsiger sagt: «Das ist eine in der Öffentlichkeit kaum bekannte Vorgehensweise, die gewiefte Strateginnen und Strategen auszeichnet.» Ob es unter den aktuellen Zentralschweizer Parlamentsmitgliedern solche Dealmaker gibt, will er nicht beurteilen. Wegen der Pandemie sei diese Legislatur schwieriger zu bewerten. Normalbetrieb herrsche erst wieder seit einem Jahr.

Die Vorstösse allein entscheiden aber nicht über Einfluss: Ein leuchtendes Beispiel eines einflussreichen Politikers sei der langjährige Urner Nationalrat Franz Steinegger (FDP). Während 23 Jahren hat er bloss eine Handvoll Vorstösse eingereicht, war aber bei zentralen Weichenstellungen immer wieder die entscheidende Figur.

Viel Reden bringt nicht unbedingt Erfolg

Übrigens: Viel zu reden, bringt den eigenen Vorstössen nicht mehr Erfolg. Vorstosskönig Dittli sprach in der laufenden Legislatur knapp elf Stunden, Peter Hegglin, der gemäss unserem Index weniger erfolgreich war, doppelt so lange.

Quelle: https://www.luzernerzeitung.ch/zentralschweiz/kanton-luzern/ranking-wer-ist-am-erfolgreichsten-in-bundesbern-diese-zentralschweizer-politiker-bringen-am-meisten-vorstoesse-durch-ld.2454711