Vereinbarkeit von Wirtschaft, Konsum und Umwelt

Vor wenigen Tagen hat der Chefredaktor der Neuen Zürcher Zeitung einen Leitartikel geschrieben: «Die Vernunft ist auf dem Rückzug – deshalb müssen wir ehrlich über die Schattenseiten der Globalisierung reden». Die NZZ gilt als Hort des liberalen Gedankenguts, weshalb diese Zeilen aufhorchen lassen.

Zwar stieg weltweit der Wohlstand dank freiem Handel, einem Pfeiler der Globalisierung. Doch mittlerweile hat die Akzeptanz der Globalisierung in verschiedenen Ländern gelitten, was sich an populistischen Strömungen gerade in unseren Nachbarländern zeigt, so die Quintessenz des Leitartikels. Was heisst es nun, die Bedenken gegen den globalen Freihandel und Internationalisierung ernst zu nehmen? Hier bleibt der Leitartikel relativ offen. Ich habe mir die Frage gestellt.

Verantwortung als Konsumentinnen und Konsumenten

Für mich ist Freihandel und eine generell wirtschaftsfreundliche Politik kein Selbstzweck. Wirtschaft ist für den Menschen da, es muss wieder einmal gesagt werden. Aber es greift zu kurz, die Wirtschaft als «andere Welt» darzustellen; als eine Welt, die alleine für die «Schattenseiten» verantwortlich sein soll. Als Arbeitstätige und als Konsumierende sind wir ebenso Teil dieser Wirtschafts- und Lebenswelt. Den Massstab, den wir bei Unternehmen anlegen, müssen wir bei uns selber anlegen. Auch ich habe ökologische Bedenken, wenn ich sehe, dass Kartoffeln aus Ägypten und Avocados aus Peru in die Schweiz importiert werden. Konsequenterweise verzichte ich darauf. Ich meine, wir haben ein reichhaltiges Angebot von Nahrungsmitteln aus der Region, aus der Schweiz, aus unseren Nachbarländern. Das heisst aber auch, dass wir erstens bereit sein müssen, für einheimische Produkte mehr zu bezahlen als für importierte. Und zweitens, dass unsere Landwirtschaft gute Produktionsbedingungen haben muss; sie mit immer mehr Auflagen zu belasten, um dann auf ausländische Produkte auszuweichen, wäre scheinheilig. Das heisst nicht, dass unsere Landwirtschaft machen kann, was sie will. Auch sie muss sich daran gewöhnen, dass die Zeiten uneingeschränkten Heimatschutzes vorbei sind. Da wir auch auf gewisse importierte Nahrungsmittel angewiesen sind, sollen diese prioritär auf unserem Kontinent produziert werden. Auch deshalb sind drittens stabile politische und wirtschaftliche Beziehungen mit der Europäischen Union wichtig.

Gesamtverantwortung

Also: Auch Konsumieren und Wirtschaften stehen in einem Gesamtkontext. Langfristig muss unser Konsum, muss unsere Wirtschaft vereinbar sein mit unserer Umwelt. Unsere Umwelt- und Sozialpolitik muss aber auch vereinbar sein mit unserer Wirtschaft. Die gegenseitigen Abhängigkeiten aufzuzeigen und entsprechend zu handeln – als Menschen und damit auch als Politikerinnen und Politiker, das ist komplex, aber die Aufgabe von uns allen.